03. Juli 2020

Coronavirus – was tun bei Konkurs des Arbeitgebers?

Die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns treffen viele Firmen hart. Mit Konkursen muss gerechnet werden. Wie man als Arbeitnehmer ausstehende Lohnzahlungen trotzdem einfordern kann:

Die Zahl der Neuinfektionen und Todesfälle im Zusammenhang mit dem Coronavirus nahmen im Zeitpunkt, in welchem dieser Beitrag verfasst wurde, zwar stetig ab. Die wirtschaftlichen Folgen des virusbedingten Wegbrechens von Absatzmärkten und der Verlust von Arbeitsplätzen werden aber vermutlich noch andauern. In den kommenden Monaten muss damit gerechnet werden, dass eine höhere Zahl an Betrieben als sonst Konkurs anmelden muss. Um als Arbeitnehmer dabei nicht leer auszugehen, stehen verschiedene Möglichkeiten offen. Da beim Arbeitgeber meist ohnehin nichts mehr zu holen ist und ein Konkursverfahren "durchzuziehen" nicht ganz einfach, langwierig und teuer sein kann, sieht das Arbeitslosenversicherungsgesetz (AVIG) das Institut der Insolvenzentschädigung vor.

Gemäss Art. 51 Abs. 1 AVIG haben Arbeitnehmer Anspruch auf Insolvenzentschädigung, wenn (a) gegen ihren Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird und ihnen in diesem Zeitpunkt Lohnforderungen zustehen oder (b) der Konkurs nur deswegen nicht eröffnet wird, weil sich infolge offensichtlicher Überschuldung des Arbeitgebers kein Gläubiger bereit erklärt, die Kosten vorzuschiessen. Nach Art. 55 Abs. 1 AVIG muss der Arbeitnehmer im Konkursverfahren alles unternehmen, um seine Ansprüche gegenüber dem Arbeitgeber zu wahren. Diese Pflicht (auch Schadenminderungspflicht genannt) trifft den Arbeitnehmer aber nicht erst mit der Konkurseröffnung, sondern je nach Umständen bereits lange davor. Arbeitnehmer sollen sich gegenüber dem Arbeitgeber nämlich so verhalten, als ob es das Institut der Insolvenzentschädigung gar nicht gäbe. Erhält der Arbeitnehmer keinen Lohn, hat er den Arbeitgeber schriftlich zu mahnen und hilft auch dies nichts, den Arbeitgeber zu betreiben. Machen Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber während längerer Zeit keine Anstalten, ihrer Lohnforderung mit hinreichender Deutlichkeit Ausdruck zu verleihen, signalisieren sie mangelndes Interesse. Dadurch verlieren sie unter Umständen ihren Anspruch auf Insolvenzentschädigung.

Ist der Konkurs einmal eröffnet, muss der Arbeitnehmer seinen Entschädigungsanspruch innert 30 Tagen nach der Veröffentlichung des Konkurses im Schweizerischen Handelsamtsblatt (www.shab.ch) gegenüber dem Konkursamt und innert 60 Tagen bei der Arbeitslosenkasse am Ort des Konkursamtes geltend machen. Hierzu stellen die meisten Kantone online Formulare zur Verfügung. Die Insolvenzentschädigung deckt Lohnforderungen für höchstens die letzten vier Monate des Arbeitsverhältnisses, unabhängig davon, wann der Konkurs eröffnet wurde. Die Entschädigung beträgt 100 % (und nicht wie bei den Arbeitslosentaggeldern 80 % bzw. 70 %) des Lohnausfalls (bis CHF 12'350 / Monat).

Ist absehbar, dass über den Arbeitgeber der Konkurs eröffnet wird, hat sich der Arbeitnehmer umgehend auf andere Stellen zu bewerben und sofort nach dem letzten geleisteten Arbeitstag beim insolventen Arbeitgeber bei der Regionalen Arbeitsvermittlung (RAV) zum Bezug von Arbeitslosenentschädigung anzumelden. Kommt er diesen Anforderungen nicht nach, riskiert er, die Auferlegung von Einstelltagen. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer einige Tage, Wochen oder gar Monate kein Arbeitslosentaggeld erhält.

Um im Falle eines sich anbahnenden Konkurses nicht leer auszugehen, ist man somit gut beraten, seine Forderungen gegenüber dem Arbeitgeber rasch und deutlich mitzuteilen, die Fristen einzuhalten und sich bald möglichst, um neue Stellen zu bewerben und die Anmeldung beim RAV vorzunehmen. Kommt man diesen Vorgaben nicht nach, verliert man seinen Anspruch auf Insolvenzentschädigung und muss zum Teil eine hohe Anzahl Einstelltage in Kauf nehmen. Weder das Amt noch die Gerichte sind in diesem Bereich gnädig gestimmt. Insbesondere je nach Höhe des Lohnausstandes kann es daher angezeigt sein, sich durch das Verfahren rechtlich begleiten zu lassen.

 

Zofingen, 20.05.2020/az/mb

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