27. September 2024

Blitzlichtgewitter vor der «papierlosen Baustelle»

IMG_2774.webp

Der Club-100-Event von Baukader Schweiz brachte die rund 45 Teilnehmenden nach Basel. Dort baut Generalunternehmer Implenia ein neues Gebäude für das Departement Biomedizin der Universität Basel. Ein 250-Millionen-Franken-Projekt von grösster Komplexität. Implenia setzt dabei voll auf neuste, digitale Arbeitsweisen.

Sébastian Lavoyer    

Blitzlichtgewitter – am Strassenrand, nicht auf dem roten Teppich. Wir gehen die Klingelbergstrasse in Basel entlang. Neben uns die Baugrube, wo das neue Gebäude des Departementes Biomedizin der Universität Basel entstehen wird. Noch sieht man vor allem eine Grube, das Fundament und erste Mauern. Spundwände sichern die Baugrube, teils rückverankert, teils abgespriesst.

Die rund 50 Teilnehmenden des Club-100-Events von Baukader Schweiz haben sich in zwei Gruppen aufgeteilt. In der Grube erfahren sie von Bauleiter Jörg Myslowiecki und Himmet Türk, Bauführer des Baumeisters Implenia, mehr über die Herausforderungen der Baustelle.

Bauen mitten in der Stadt

Zwei Gebäude mit Vorlesungssälen und Labors begrenzen die Grube im Nord- und Südosten. Im Westen kreuzen sich zwei Strassen, mit Fussgängern, Velofahrern, öffentlichem Verkehr und Autos. Letztere haben das Blitzlichtgewitter ausgelöst, da das Tempo auf der Klingelbergstrasse reduziert ist. Doch viele Autofahrer scheinen dies noch nicht bemerkt zu haben.

Für Implenia und die anderen Unternehmen heisst es Rücksicht nehmen: auf Studierende, Forschende und Verkehrsteilnehmer. Oliver Lehmann, Gesamtprojektleiter bei Implenia, erläuterte in seinem Referat, wie anspruchsvoll das ist.

Die Zahlen, die der 55-jährige Bauingenieur nennt, sind eindrücklich: Das Gebäude wird 35'000 m2 Geschossfläche umfassen, mit Platz für 200 Studierende und 700 Mitarbeitende. Im neuen Biomedizin-Gebäude werden sechs über die Stadt Basel verteilte Standorte zusammengeführt. Ziel dieser Konzentration ist es, die Entstehung von Krankheiten besser zu verstehen, die Diagnostik zu verbessern und neue Therapieansätze zu entwickeln.

Eine Premiere für den Bauingenieur

Auf zwölf Stockwerken entstehen neue Labore, Büros und Seminarräume. Verbaut werden 4000 Tonnen Stahl und 23’000 m3 Beton – Lehmann vergleicht: «Das entspricht dem Gewicht von 670 Elefanten und dem Volumen von neun Olympia-Schwimmbecken.» Die Kosten betragen über 250 Millionen Franken.

Um die Komplexität zu bewältigen, setzt Implenia auf digitale Tools. Lehmann erklärt: «Für mich ist das die erste komplett papierlose Baustelle.» Gearbeitet wird mit digitalen 3D-Modellen (Building Information Modelling, kurz BIM) und Lean-Management-Methoden.

«Ich will nie mehr anders arbeiten»

Himmet Türk, der Haupt-Bauführer, zeigt am Bildschirm, was das für die Bauarbeiter bedeutet. Jeder Bereich, jede Ebene der Baustelle kann digital eingesehen werden: Bewehrung, Schalung, Wände, Aussparungen – alles bis ins Detail. Türk hatte anfangs Zweifel, ob das funktioniert, doch heute sagt er: «Ich will nie mehr anders arbeiten.» Alle Mengen und Masse sind digital abrufbar, und der aktuelle Stand der Arbeiten ist jederzeit visualisiert.

140 Teilmodelle des Gebäudes sind auf der Software hinterlegt und per Tablet für jeden zugänglich, wie Johannes Löschau, der digitale Gesamtverantwortliche, erklärt. Jeder kann die Informationen aufrufen, die er braucht wie beispielsweise die Elektronik, die Heizungsinstallationen oder die Lüftungssysteme. Es ist, als würde man bei einem 3D-Modell eines Menschen nur die Blutbahnen einblenden.

Fasziniert kamen die Gäste am Ende des Nachmittags im Biozentrum der Universität Basel wieder zusammen, zu kleinen Häppchen und angeregten Gesprächen. «Das war sehr inspirierend und die Implenia gab uns einen spannenden Einblick in die digitalen Möglichkeiten, die wir heute auf dem Bau haben», sagt Marco Sonego, Geschäftsführer von Baukader Schweiz.