29. Mai 2024

Höhere Fachprüfung für Bauführer:in - was bedeutet das?

Bild-Antonio-De-Luca.jpg

Im Frühling 2026 werden die ersten Bauführer:innen das eidgenössische Diplome nach einer Höheren Fachprüfungen erwerben. Wo liegen die Erwartungen der Branche? Was heisst das für die Bildungsanbieter? Können wir so dem Fachkräftemangel entgegenwirken? Im Gespräch mit Antonio De Luca, Schweizerische Bauschule Aarau AG.

Interview: Anita Bucher
Foto: zvg

 

Herr De Luca - was ändert sich mit dem eidgenössischen Diplom?
Eine Höhere Fachprüfung qualifiziert Berufsleute als Experten und Expertinnen in ihrem Berufsfeld. Der Inhalt der neu schweizweit gleichen Prüfung wird durch Vertreter:innen der Baubranche definiert und gilt somit als Gradmesser für den Vergleich der Fähigkeiten von Bauführerinnen und Bauführern.

Im Bildungswesen erfolgt generell eine Umstellung auf die Prüfung von Handlungskompetenzen. Die zu erfüllenden Kompetenzen leiten sich aus den Arbeitssituationen ab. Vielschichtige und praxisnahe Problemstellungen stehen im Vordergrund. Dazu muss ein fundiertes und praxisnahes Wissen in allen Bereichen wie z.B. in der Personalführung, im Selbstmanagement, in der Vermessung, im Ausmasswesen, in der Kalkulation etc. abrufbar sein.

Was bedeutet die Änderung für die Baubranche? Erwarten Sie künftig mehr Anmeldungen zum Lehrgang mit dem eidgenössischen Diplom?
Eine Prognose zum heutigen Zeitpunkt abzugeben ist noch zu früh. Zuerst muss der Wandel vom Höheren Fachschulabschluss zur Höheren Fachprüfung Fuss fassen.

Die Entwicklung der Studierenden ist massgebend von der Wirtschaftslage abhängig: Wenn es in der Baubranche gut läuft, sind die Unternehmungen tendenziell weniger bereit ihre Fachkräfte in die Weiterbildung zu schicken, denn sie werden für die Ausführung der Projekte dringend benötigt.

Auf jeden Fall darf die Weiterbildung von jungen Fachkräften nicht vernachlässigt werden. Mit attraktiven Weiterbildungsmöglichkeiten bleiben unsere Bauberufe auch für junge engagierte Personen interessant.

Bereits heute fehlen auf allen Stufen genügend Fachpersonen.

Kann die Höhere Fachprüfung ein Mittel sein, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken?
Ob der Abschluss mit einem eidgenössischen Diplom genügend Anreiz darstellt für junge Personen, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.

Persönlich glaube ich, dass man noch andere Hebeln angesetzt werden müssen. Statistisch ist erwiesen, dass heute 20 – 30% Berufslernende ihre Lehre abbrechen. Auf politischer Ebene braucht es weitere Lösungen, damit Berufslehren – insbesondere handwerkliche - in der Gesellschaft wieder attraktiver wahrgenommen werden. Nur so werden wir auch in Zukunft mehr Berufsleute auf dem Bau haben, die schlussendlich die Lücken schliessen können.

Danke für Ihre Einschätzung: Zum Schluss, für wen lohnt sich eine Weiterbildung zum Bauführer:in HFP?
Für jede und jeden!

Viele unserer Studierenden absolvieren die Ausbildung zum Bauführer/zur Bauführerin, da sie sich nach intensiven Jahren auf dem Bau etwas körperlich weniger Anstrengendes wünschen. Sie wollen aber auch einen Schritt in ihrer Karriere weiterkommen.

Auch das Baunebengewerbe hat realisiert, wie wertvoll ein Bauführer/eine Bauführerin im Betrieb sein kann, da sie dank ihrem breiten Wissen extrem vielseitig eingesetzt werden können.

Gute und motivierte Bauführer:innen mit einem Stolz für ihren Beruf, sind sehr gefragt auf dem Markt.

Zur Person
Antonio De Luca
ist gelernter Hochbauzeichner und Maurer, mit anschliessender Weiterbildung zum Vorarbeiter und Polier. Seit 10 Jahren unterrichtet er an der Bauschule Aarau. Den Bereich Hoch-/Tiefbau führt er seit Oktober 2022 als Mitglied der Geschäftsleitung.