04. September 2020

Totale Überwachung

Der digitale Fortschritt ist enorm. Überall und zu jeder Zeit wollen wir Zugriff zu allen möglichen Daten haben. Der Nachteil ist, wir sind überall und immer kontrollierbar. Wie weiter darf der Arbeitgeber mit elektronischen Mitteln den Arbeitnehmer überwachen und kontrollieren? Ziel des Einsatzes dieser Hilfsmittel ist oft nicht die Überwachung, sondern die Optimierung und Kontrolle des Betriebes und der Produktion. Das nachfolgende Beispiel zeigt, wie mit betrieblicher Optimierung zugleich der Arbeitnehmer überwacht werden kann.

Optimierung und Überwachung Fahrzeugflotte

Der Arbeitgeber eines Baukader-Mitgliedes führte ein elektronisches System ein. Das System meldete nicht nur den zeitlichen Einsatz der Fahrzeugflotte, sondern übermittelte auch die GPS-Daten des Standortes, zu schnelles Fahren in den Kurven, die Anzahl abrupter Beschleunigungen, das Bremsen, Schäden, Anzahl Kilometer bei Antritt und Ende der Fahrt, Tankfüllstand, Batteriestatus etc. Der Arbeitgeber bezweckte damit, den Einsatz der Fahrzeugflotte zu optimieren. Damit konnte gegenüber Kunden jederzeit Auskunft gegeben werden, wo sich ein fragliches Fahrzeug befindet, und die Wartung der Flotte verbessert werden. Insbesondre sollte auch das vorbildliche Fahren mit Sammeln von Punkten bei vorbildlichen und ökologischen Fahrverhalten gefördert werden. Explizit erklärte der Arbeitgeber, man könne so besser kontrollieren, ob die vorgeschriebenen Fahrwege und Pausen eingehalten würden und verhindern, dass unkontrolliert Benzin bezogen werde.

Der Arbeitgeber teilte dem Mitglied dies schriftlich mit und bat ihn gleichzeitig, sein Einverständnis mit Unterschrift zu erklären. Das Mitglied fragte den Rechtsdienst an, was zu tun sei.

Rechtslage

Massgebend ist Art. 26 der Verordnung 3 zum Arbeitsgesetz. Dieser besagt, dass Überwachung- und Kontrollsystem, die das Verhalten der Arbeitnehmer am Arbeitsplatz überwachen sollen, nicht eingesetzt werden dürfen. Sind diese Überwachungs- oder Kontrollsystem aus anderen Gründen erforderlich, sind sie so zu gestalten, dass dadurch die Gesundheit und die Bewegungsfreiheit der Arbeitnehmenden nicht beeinträchtigt werden. Das SECO hat dazu eine umfangreiche Wegleitung verfasst.

Der Grundsatz ist klar. Eine blosse Überwachung und Kontrolle am Arbeitsplatz, einzig um das Verhalten der Arbeitnehmenden zu kontrollieren, geht nicht. Die Überwachung und Kontrolle des Betriebes sind zulässig, wenn dies aus betrieblichen Gründen erforderlich ist. Das Betriebsinteresse ist mit dem Persönlichkeitsrecht der Arbeitnehmenden zu vergleichen, und es ist eine Güterabwägung vorzunehmen. Dass ein Schalterraum einer Bank, und somit auch das Verhalten der Arbeitnehmenden, mit Video überwacht werden kann, ist nicht zu beanstanden. Auch GPS-Daten eines Fahrzeuges dürfen verarbeitet werden, sofern es sich um Chauffeure mit Personen- oder Gütertransport (gefährlichen oder verderbliche Güter) handelt. Ebenso können Fahrzeuge von Dienstleistern (Taxi, Servicemonteure etc.) so kontrolliert werden.

Die alleinige Optimierung des Betriebsablaufes genügt jedoch nicht für eine Überwachung. Das betriebliche Bedürfnis für eine Überwachung muss eine erhebliche Intensität aufweisen.

Ratschlag

Der ständige Zugriff auf den GPS-Standort des Fahrzeuges eines Bauführers oder eines Poliers ist nicht nötig. Das Fahrzeug steht dem Bauführer in der Regel ganztags zur Verfügung. Mit dem Natel ist er ständig erreichbar. Das Bedürfnis den Standort aus betrieblichen Gründen zu ermitteln, ist deshalb gering, und die GPS-Ortung ist vielmehr ein Mittel der Kontrolle. Gar nicht angehen kann die ständige Übermittlung des zu schnellen Fahrens, des Benzinverbrauchs etc. Hier überwiegt die Kontrolle der Arbeitnehmenden gegenüber dem Interesse des Betriebes für eine Optimierung des Fahrzeugeinsatzes wesentlich. Deshalb wurde geraten, das Einverständnis nicht zu erklären.

 

Text: Markus Bischoff, Rechtsanwalt

Rechtsdienst Baukader Schweiz 

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