TEXT: Richard Calame, Rechtsanwalt
Aufwandsentschädigung für die Fahrtzeit Nach Artikel 13 Absätze 1 und 2 ArGV 1 (Verordnung zum Arbeitsgesetz) gilt die Fahrzeit zwischen dem Wohnort und dem üblichen Arbeitsort nicht als Arbeitszeit. Wenn der Arbeitnehmer im Rahmen seiner Beschäftigung einen anderen Ort aufsucht und sich die Fahrzeit dadurch verlängert, handelt es sich dabei um Arbeitszeit. Damit ist jedoch noch nicht die Frage geklärt, ob diese Zeit vergütet werden muss. Nach Ansicht des Bundesgerichts dient diese Norm nämlich nur dazu, zu bestimmen, ob die Fahrzeit im Rahmen der Berechnung der Höchstarbeitszeit als Arbeitszeit eingerechnet werden muss, nicht aber, ob eine Vergütung verlangt werden kann. Die Bundesrichter lassen die Frage offen, ob eine zwingende Norm die Vergütung von Zeit verlangt . Daher hängt die Zahlung eines Lohns vom Privatrecht oder von einem Gesamtarbeitsvertrag ab.
Der Landesmantelvertrag für das schweizerische Bauhauptgewerbe (LMV), der nicht für Poliere und Werkmeister gilt, sieht in Artikel 54 vor, dass die Fahrten von der Sammelstelle zu den Baustellen ab der dreissigsten Minute pro Arbeitstag bezahlt werden. Der GAV führt also den im Baugewerbe sehr gebräuchlichen Begriff der «Sammelstelle» ein. So sieht der GAV vor, dass die Arbeiter zuerst einen Sammelplatz aufsuchen müssen, häufig ein Lager oder den Sitz des Arbeitgebers, um sich dann zu den Baustellen zu begeben. Nur dieser zweite Teil des Weges wird ab der dreissigsten Minute vergütet.
Es ist anzumerken, dass der Baukadervertrag, der für Poliere und Werkmeister gilt, in Artikel 12.3 genau die gleiche Regelung vorsieht.
Diese beiden Tarifverträge, die hier als Beispiel dienen, sehen nicht vor, dass die Reisezeit auf theoretische Weise berechnet wird. Nach dem Grundsatz des Arbeitnehmerschutzes gebietet die Auslegung dieser Bestimmungen, die tatsächliche Reisezeit zu berechnen. Das bedeutet, dass die Reisezeit nicht auf der theoretischen Grundlage eines Navigationssystems berechnet werden kann und dass die Zeit, die durch Staus verloren geht, berücksichtigt werden muss.
Aufwandsentschädigung Art. 327a OR schreibt vor, dass der Arbeitgeber alle Kosten erstatten muss, die durch die Ausführung der Arbeit anfallen. Art. 327b OR schreibt die Erstattung von Kosten vor, die im Zusammenhang mit dem Gebrauch eines Privatfahrzeugs für die Arbeit entstehen. In Arbeitsverträgen oder GAVs können pauschale Erstattungen vorgesehen werden. Die beiden oben genannten Tarifverträge schreiben eine Mindestentschädigung von 60 Rappen pro Kilometer vor, wenn der Arbeitnehmer für seine Arbeit sein Privatauto benutzen muss. Dies ist der Betrag, der üblicherweise steuerlich für Fahrten anerkannt wird, und ist in diesen GAVs als Mindestbetrag vorgeschrieben; demnach können in individuellen Arbeitsverträgen auch höhere Entschädigungen vorgesehen werden.
Schlussfolgerung Obwohl diese Frage häufig Gegenstand von Spannungen ist, haben die Sozialpartner im Baugewerbe einige Gesetzeslücken durch klare Normen in den Tarifverträgen geschlossen.
Sofern in privaten Verträgen keine gegenteiligen Bestimmungen bestehen, muss die tatsächliche Reisezeit ab einer Fahrzeit von 30 Minuten vergütet werden.
So können wir nur empfehlen: Arbeitnehmer sollten unbedingt ihre Reisezeiten und die gefahrenen Kilometer bei der Nutzung eines Privatfahrzeugs sorgfältig dokumentieren, um Streitigkeiten mit dem Arbeitgeber vorzubeugen.